Betty’s Brokkoli Snack
8. Juli 2017
Das war schon immer so – Gedanken zum heutigen Fleischkonsum und ein Exkurs ins 20. Jahrhundert
Das war schon immer so - Gedanken zum heutigen Fleischkonsum und ein Exkurs ins 20. Jahrhundert
Liebe Freunde,

ich liebe Tiere!

Ich habe einen ganzen Zoo voll:

  • 4 Katzen
  • 1 Hund und den Hund meiner Eltern
  • mindestens 2 Völker mit etwa 50-60 Zwergfledermäusen (Juni bis September)

Heute frage ich mich wieso ich früher niemals über meinen Fleischkonsum nachgedacht habe. Ich liebe Tiere bereits mein ganzes Leben lang. Wieso habe ich sie gegessen?

Kontroverse Gedanken zum allgemeinen Konsum von tierischen Produkten heute und ein Exkurs ins 20. Jahrhundert.

Das war schon immer so, ich bin so aufgewachsen!

Lange Zeit hatte ich diese Aussage überhaupt nicht in Frage gestellt. Vielleicht so wie Du heute noch? Aber war das wirklich schon immer so? Sind wir oder Deine Eltern wirklich so aufgewachsen, dass wir jeden Tag Fleisch und Wurst auf dem Teller hatten? Hast Du je darüber nachgedacht? Ich bis vor ein paar Jahren nicht, muss ich zugeben.

Meine Grossmutter, geboren Anfang 20. Jahrhundert, überlebte zwei Weltkriege, gehörte zu den Trümmerfrauen, bei ihr gab es den üblichen Sonntagsbraten für die ganze Familie. Ein Klassiker! Jeden Sonntag um Punkt 12 Uhr trat die ganze Familie zum Mittagessen an. Es gab Fleisch meist mit viel Sauce, selbstgemachten Spätzle oder Teigwaren, Kartoffeln und Gemüse. Ein Festessen! Es wurde geschmaust, gelacht, diskutiert und philosophiert über das Leben. Ganz ohne Whatsapp und Facebook! Das Schöne und Wichtige im Leben verbunden: Gutes Essen und die Liebsten alle an einem Tisch!

…. und was war unter der Woche? Von Montag bis Samstag? Bei meiner Grossmutter konnte man meinen, dass sie sich all ihr Können und ihr Essen für den wöchentlichen Sonntagsschmaus aufgehoben hat. Unter der Woche gab es Butter- oder Quarkbrot, ein bisschen heimisches Obst und Gemüse aus dem Garten, vielleicht ein Rührei und das wars. Die Milch für Butter und Quark kam ganz früher noch von den eigenen Tieren, meist Ziegen. Später dann vom Bauern um die Ecke. Butter und Quark hat sie damals selbst gemacht. Ich kann mich dunkel erinnern, dass sie einen mit Geschirrtüchern zugedeckten Topf auf der Fensterbank stehen hatte, nach ein paar Tagen wurde dann Quark daraus.

Mein Fazit: der Fleisch-, sowie der Konsum von Milchprodukten, war sehr gering und beschränkte sich meist nur auf das Wochenende. Der Produzent war der Bauer oder der Metzger um die Ecke. Damals deklarierte der Metzger noch genau von wem das Fleisch kam. Es waren aber immer nur Bauern aus der nahen Umgebung. Und wenn es dann kein Rinderfilet oder Schweineschnitzel gab, nahm meine Grossmutter etwas anderes und stellte ihr Sonntagsmenü dementsprechend um.

Modern ausgedrückt könnte man sagen, dass meine Grossmutter eine Flexitarierin war. 

Wie sah damals die Fleischproduktion aus?

In den Erzählungen meiner Grossmutter kam wie schon geschrieben immer der Bauer um die Ecke vor. Da gab es ein paar Hühner und Hähne in einem offenen riesigen Gehege, die konnten gackern und picken den lieben langen Tag. Und wenn es dann mal einen Tag keine Eier gegeben hat, war es kein Weltuntergang. Man konnte sich darauf einstellen.

Die Rinder standen das ganze Jahr auf der Weide, Milchkühe gab es nur sehr wenige und es wurde noch per Hand gemolken. Die Kälbchen bekamen auch genug von der Milch ab und durften selber säugen. Die Tiere waren robust und noch die ursprünglichen Züchtungen. In seltenen Fällen mussten Medikamente verabreicht werden und wenn dann waren es oft noch überlieferte Hausmittel.

Wie sieht das heute im 21. Jahrhundert aus:

Die Fleischtheken in den Supermärkten sind voll, der Konsument verlangt eine ständige Verfügbarkeit von allem auf was er gerade mal Lust hat. Je billiger desto besser! Hier wird sich gebrüstet, wer das Fleisch für das tägliche Grillen denn wo und für wie wenig Geld gekauft hat. Nach der Herkunft wird selten gefragt und noch weniger nach der Haltungsform. Und ohne Fleisch oder Wurst geht es nicht, es muss jeden Tag auf den Tisch. Das war ja schon immer so!

Fällt Dir etwas auf? Ist es nicht schizophren zu glauben, dass das schon immer so war? Oder war meine Grossmutter einfach ein Einzelfall? Und alle anderen haben auch damals schon jeden Tag Fleisch konsumiert? Die Statistiken zeigen, dass meine Grossmutter durchaus kein Einzelfall war:

Lag der Fleischkonsum¹ 1960 in Deutschland bei 37 kg pro Kopf, verdoppelte er sich in 20 Jahren auf 76 kg pro Kopf. In den 80er und 90er Jahren erreichte er sogar einen Höchststand von rund 100 kg pro Kopf. Seitdem ist er leicht rückläufig bis auf im Schnitt 90 kg in den letzten 10 Jahren. Doch die Bevölkerung hat zugenommen: 1950 waren es noch 68 Mio. Einwohner in Deutschland, heute sind es bereits fast 83 Mio.²

Das macht 2.5 Mrd. kg Fleischkonsum in Deutschland im Jahr 1950, 7.2 Mrd. kg im 2015. Angenommen dass die ausgewachsenen Tiere ein durchschnittliches Gewicht von 500 kg auf die Waage bringen, davon eine Schlachtausbeute von 50% ³, ergibt dies 10 Mio. (1960) und 29 Mio. (2015) nur für unseren Fleischkonsum gezüchtete Schlachttiere.

Das sind Zahlen, die mich umhauen!

Genug der Statistiken und zurück zum anfänglichen Thema “das war schon immer so”:

Es ist durchaus menschlich, dass im ersten Augenblick die Ablehnung und Verneinung von Tatsachen und Fakten, erfolgt.

Erinnere Dich vielleicht an die letzten Veränderungen, die es bei Dir in der Firma gab – vielleicht waren es Prozessänderungen. Wie hast Du am Anfang reagiert? Du warst genervt und hast gedacht: “das habe ich schon immer so gemacht, warum soll ich das ändern”. Trotzig wie ein Kleinkind, aber absolut menschlich. Jeder von uns reagiert so! Du bist nicht allein! Doch dann kam mit der Zeit die rationale Erkenntnis, dass die Veränderung doch auch positive Aspekte hat. Du hast Dich geöffnet und begonnen, das Neue auszuprobieren. Du hast Dich an die neue Situation angepasst und erkannt, dass es Dich weiterbringt und unterstützt, Dir vielleicht hilft mehr Zeit für wichtige Dinge zu haben und es Dir gut tut. Spätestens jetzt war dann der Zeitpunkt in dem Du die Veränderung, das Neue, komplett in Dein Leben integriert hast.

Mir ging es genauso. Ich hätte mir vor ein paar Jahren niemals vorstellen können, auf eine vegane Ernährung umzusteigen. Die Umstellung vollzog sich langsam und in kleinen Schritten. Dann brauchte es nur noch einen kleinen Auslöser und der Umstieg war vollzogen. Heute, nach bald einem fleischlosen und milchfreien Jahr, geht es mir hervorragend und ich frage mich, warum ich so lange gebraucht habe um auf eine Ernährung ohne Tierleid zu setzen. Ein weiterer Blogbeitrag zu meiner Umstellung folgt bald.

Was sind Deine Gedanken darüber? Ich bin neugierig zu erfahren wie Du darüber denkst. Hinterlasse doch einfach einen Kommentar.

Danke, dass es Dich gibt!

Deine Betty

Quellen und Anhänge:

¹ Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft Deutschland 

² Bevölkerungszunahme seit 1960

² Bevölkerungszahlen 1950

³ Ökolandbau 

 

 

zum Download:

Konsum Vergleichszahlen Deutschland

Schlachtausbeute

 

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